Er tut auf so viele Arten weh


Er tut auf so viele Arten weh,
der Gedanke.

Manchmal ist er ein Stich,
der dir in den Rücken fällt,
wenn du nicht damit rechnest.
 
Manchmal erpresst er dich,
bis du mit dem Rücken zur Wand stehst
und nicht mehr atmen kannst.
 
Dann ist er eine schreiende Erinnerung,
die an dir zerrt und zieht,
obwohl du schon so oft losgelassen hast.
 
Er ist wie etwas Großes, das nicht da ist;
eine bedrohliche Leere,
die dich schwarzschleimig überspült.
 
Er ist das Erwachen,
ein Raumteiler zwischen A und nicht A,
er ist eine stumpfe Guillotine.
 
Er ist die Perfektion hinter mir,
vor mir nur die Schattenwand;
hätt ich mich nur nie umgedreht…



Einer


Mit dem Rücken zum Leben sitze ich am Fluss und bemühe mich zu sehen – die Augen mit der Strömung – was hinter mir passiert. Jemand ist da hinter mir, Irgendwer geht an mir vorbei, Einer lacht. Niemand setzt sich neben mich und starrt in mein Schweigen. Ein Anderer wird fast überfahren, weil er zum Hang hinauf sieht, wo Einer lacht. Niemand geht mir auf die Nerven mit seinem Verständnis ohne Worte. Immerhin scheint mir die Sonne auf den Rücken, aus der Richtung, wo Einer schallend lacht.

Und niemand fragt: „Und? Wie stehst du zu ihm?“ Ich sitze, denke ich, ich stehe nicht. Und zwar mit dem Rücken zu Einem. Wasser und Gelächter ziehen an mir vorbei; Irgendwer kann nicht mehr an sich halten und lacht mit Einem mit (irgendwas scheint irrsinnig komisch zu sein). Niemand wartet immer noch auf meine Antwort.

Flash Lack. Einer hat Nicht-Hände.

Niemand lehnt sich etwas zurück und hängt entspannt in seinen Schultern wie in den Seilen. Mir entgeht, dass die Sonne niemandes Lächeln umspielt und ich frage mich, warum niemandes Sonne mir auf den Rücken scheint und niemandem auf die Lippen, wo wir doch beide zum Fluss schauen.

Flash Lack. Einer hat nen Nicht-Hals, auf dem Kein-Kiefer dreitagebärtig thront. Und auch noch ein Souffleur, der nicht ein bisschen von versteckten Schlüsselbeinen tuschelt.

„Ich hasse Einen“, zische ich und spüre die Blicke in meinem Rücken, die keiner von allen mir pikiert zuwirft.

Flash Lack. Keine Oberschenkel, die den Weg zu keinerlei Männlichkeit weisen. Nicht dass ich da hin wollte! Ein Trampelpfad des No-Go: Alle wollen nirgendwohin und trampeln trotzdem über die Wiese.

Niemand lässt sein Lächeln aus dem eigentlich ernsten, mitfühlenden Gesicht fallen. Ich ziehe die Schultern hoch, bis über beide Ohren.

Flash Lack. Da ist nichts.

Nicht Einer!



[Ich]



Neulich hat ein riesig schwarzes Loch in Mir
Mich wohl aus Versehen verschluckt
und nur unzulänglich wieder ausgespuckt,
und seither lag das Häufchen Elend hier…
 
Gestern hörte [Ich] eine so schöne Melodie,
dass [Ich] plötzlich ganz aus [Mir] zerfloss
und wie ein Strom über’n Busbahnhof floss,
jeder Tropfen ein Meer aus Melancholie…
 
Heute hat Ich das Gesicht verloren,
es ist mit all dem Blut so abgesackt,
Ich hat es im Fall nicht mehr gepackt;
Ich wird also ohne Gesicht neu geboren…
 
Implosion gefolgt von Fluss und Fall:
sehr viel Ich kann nicht mehr übrig sein,
und doch fühl ich nur Ich, obwohl so klein.
Dass es von Ich noch and’re geben soll?



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